Garmisch-Partenkirchen. Nahe Garmisch-Partenkirchen ist am Freitagmittag ein Regionalzug entgleist. Bei dem Unfall kamen mindestens vier Menschen ums Leben.

  • Ein Regionalexpress ist am Freitag auf dem Weg von Garmisch nach München entgleist
  • Mindestens vier Menschen verloren ihr Leben – viele weitere wurden zum Teil schwer verletzt
  • Bundesinnenministerin Nancy Faeser äußerte am Unglücksort ihr Bestürzen über den Vorfall
  • Mindestens drei Tote waren am Samstagmorgen noch nicht geborgen
  • Weniger als zehn Menschen werden nach Polizeiangaben noch vermisst
  • Am Samstag besuchen Bayerns Ministerpräsident Söder und Verkehrsminister Wissing die Unfallstelle

Es ist der letzte Unterrichtstag vor den bayerischen Pfingstferien, gegen 12.15 Uhr. Schülerinnen und Schüler freuen sich auf zwei freie Wochen, besteigen den Regionalzug aus Garmisch-Partenkirchen (Bayern) in Richtung München. Da geschieht eine Katastrophe: Der Zug verunglückt, Waggons kippen um. Mindestens vier Menschen sterben, Dutzende werden verletzt.

Harald Bauer, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, gibt später zu Protokoll, dass viele Schüler betroffen sind, sie waren wohl auf dem Heimweg. „Das ist sehr belastend für die Einsatzkräfte“, sagt er. Die Situation sei „furchtbar, völlig dramatisch“.

Zug bei Garmisch-Partenkirchen entgleist: Waggons liegen auf der Seite

Insgesamt wurden dem Landratsamt Garmisch-Partenkirchen zufolge am Freitag 60 Menschen mit Verletzungen behandelt, 16 davon mit schweren oder schwersten. Ob der Regionalzug wegen des neuen 9-Euro-Tickets besonders voll war, sei unklar, hieß es. Ebenso, warum es zu dem Unfall kam.

Der Zug sei im Ortsteil Burgrain vermutlich entgleist, so ein Sprecher der Bundespolizei. Drei Waggons seien umgestürzt. Feuerwehr, Notärzte und Polizei waren mit einem Großaufgebot vor Ort. Auch Polizeibeamte, die wegen des anstehenden G7-Gipfels derzeit in Garmisch-Partenkirchen stationiert sind, halfen.

Einsatzkräfte versuchen, Menschen in einem umgekippten Waggon mit Leitern zu erreichen.
Einsatzkräfte versuchen, Menschen in einem umgekippten Waggon mit Leitern zu erreichen. © NETWORK PICTURES / AFP

„Die Menschen werden durch die Fenster gezogen“, berichtete der Sprecher der Bundespolizei am Freitagnachmittag, während die Rettungsarbeiten noch liefen. Das Gelände in den Loisachauen ist unwegsam. Feuerwehrleute mussten Bäume beschneiden und Leitplanken entfernen, um sich über steile, zugewachsene Hänge zu den Waggons vorarbeiten zu können.

„Das ist brutal“, sagte einer der Feuerwehrmänner gegenüber dem „Garmisch-Partenkirchner Tagblatt“. Zwölf Rettungshubschrauber kreisten über der Gegend. Unter den Verletzten seien nicht nur Kinder, sie gehörten allen Altersgruppen an. Ein amerikanischer Soldat, der im Auto auf einer Straße neben der Bahnstrecke unterwegs war und Zeuge des Unglücks wurde, sagte zu der Zeitung: „Es war schrecklich. Einfach schrecklich. Plötzlich ist der Zug umgekippt.“

Zugunglücke: Bayern mehrfach Schauplatz von Unfällen

Die Deutschen Bahn sprach den Angehörigen der Opfer ihr „tiefes Mitgefühl“ aus. „Über die Ursachen des Unfalls kann derzeit noch keine Aussage getroffen werden“, hieß es in einer Mitteilung. Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter machte sich auf den Weg zur Unglücksstelle.

Wieder erschüttert ein Zugunglück das Land. Gerade Bayern war in den vergangenen Jahren mehrfach Schauplatz folgenschwerer Unfälle. Im Februar 2016 stießen bei Bad Aibling zwei Züge zusammen. Zwölf Menschen starben, 89 weitere Passagiere wurden verletzt. Sie verunglückten, weil ein Fahrdienstleiter mit seinem Handy gespielt und dadurch falsche Signale gesetzt hatte.

Feuerwehrleute stehen vor umgekippten Waggons eines entgleisten Zugs in Garmisch-Partenkirchen.
Feuerwehrleute stehen vor umgekippten Waggons eines entgleisten Zugs in Garmisch-Partenkirchen. © Josef Hornsteiner/Garmisch-Partenkirchner Tagblatt/dpa

Nicht nur in Bad Aibling kostete menschliches Versagen viele Leben: Beim Unglück von Hordorf in Sachsen-Anhalt mit zehn Toten im Januar 2011 übersah der Lokführer eines Güterzuges zwei Haltesignale und kollidierte frontal mit einem Regionalzug. Auch dort war die Strecke eingleisig. Und erst im Februar dieses Jahres waren bei München zwei S-Bahnen im Berufsverkehr auf eingleisiger Strecke frontal zusammengestoßen. Ein Fahrgast starb, Dutzende wurden verletzt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen möglicher Fehler gegen einen Zugführer.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing äußerte sich bestürzt über das Unglück in Oberbayern. „Die Bilder, die uns in diesen Stunden aus Garmisch-Partenkirchen erreichen, sind dramatisch“, sagte der FDP-Politiker. „Unsere Experten sind bereits vor Ort, um gemeinsam mit den Ermittlungsbehörden die Unfallursache zu untersuchen.“

Verkehrsminister Wissing und Bahn-Chef Lutz wollen am Samstag zur Unglücksstelle bei Garmisch-Patenkirchen reisen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) machte sich bereits am Freitagabend ein Bild von der Lage nach dem schweren Zugunglück. „Ich bin zutiefst erschüttert“, sagte die Ministerin. „Es ist eine furchtbare Katastrophe.“

Sie sei gekommen, um das tiefe Mitgefühl der Bundesregierung auszudrücken, sagte Faeser. Dieses gelte vor allem den Angehörigen, Familien und Freunden der Todesopfer. Sie sei aber auch gekommen, um ihre Solidarität mit den Rettungskräften zu zeigen und den Verletzten ihren Genesungswünsche auszudrücken. Es seien 650 Einsatzkräfte vor Ort gewesen, die Großartiges geleistet hätten, sagte die Ministerin. Binnen einer Stunde seien alle Verletzten geborgen und in Krankenhäuser gebracht worden.

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Dieser Artikel wurde zuerst auf morgenpost.de veröffentlicht.